Im Säulenwald
Projekttagebuch
Woche 6 // 08. August bis 14. August 2022
Wow – was für ein Gebäude. Seit Beginn der Recherche hatte ich hier das erste Mal das Gefühl, dass dieser Ort Tanz braucht. Ganz unmittelbar, der Ort ist geradezu geschaffen für Tanz. Es wirkt, als gäbe es bereits Tribüne, Bühne und Bühnenbild – alles in der Architektur vereint. Das Grundstück des ehemaligen Löhrs Garten (um 1750) und des späteren Robotron Kombinates (DDR, 1969) beheimatet nun den neuen Sitz der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – (SAB) in Leipzig. Mit Baubeginn im Jahr 2016 wurden viele Veränderungen auf dem Gelände vorgenommen, bis die ersten SAB-Beschäftigten im Juli 2021 das Gebäude beziehen konnten.
Natürlich habe ich mich im Vorfeld mit dem Gebäude befasst und habe neben festen Bewegungskombinationen diesmal versucht, mit einzelnen Scores zu arbeiten. Es ergab sich, dass die Freude an der spontanen Improvisation allerdings überwog: ich wollte unbedingt viele Blickwinkel einfangen und überall auf dem Platz mal gestanden haben. Außerdem war an diesem Tag das Wetter zwar gut, doch der Sonne-Wolken-Mix verursachte ständig neue Schatten und Formen. Mal entstand eine Spiegelung im angelegten Teich, mal nicht. Mal warfen die Säulen lange Schatten, dann verschwanden sie wieder. Ein Ort, an dem ich unglaublich gern eine Performance inszenieren würde und auch mittels Lichtdesign alles zusätzlich in Szene setzen würde…
Die entstandenen Videos und Fotos gefallen mir sehr gut.
Tanz im Säulenwald
Woche 6 - im Säulenwald
Parameter
Im Vorfeld hatte ich an diesem Ort meine Forschungsparameter ausprobiert…
Nun noch kurz zum Ort an sich: Der Säulenwald
Früher, um 1750 herum, war der Ort Teil der Lust- und Schmuckgärten Leipzigs. Der Garten gehörte dem Bankier und Kaufmann Eberhard Heinrich Löhr (1725 – 1798) und wurde als öffentlicher Park von Johann Dauthes (1749 – 1816) gestaltet. So wurde er als „Löhrs Garten“ bekannt. Alleen mit Kastanien und Linden, eine Orangerie und der generelle Stil schöner Landschaftsgärten prägten das Ambiente. Nutzpflanzen wie Kräuter, Obst und Gemüse wurden angebaut. Ein großer Teich mit Insel lud zum Flanieren ein. Exotische und kostbare Gewächse aus Übersee rundeten das Parkerlebnis ab. Bootsfahrten, Pavillons, Irrgärten – der Park hatte den lustwandelnden Besuchern einiges zu bieten.
Zu DDR-Zeiten dann wich die Idylle dem Verwaltungs- und Schulungszentrum des ehemaligen Kombinats Robotron. Seit 1969 war es das Zentrum der EDV-Ausbildung der DDR. Das Gebäude im Stil der Ostmoderne hatten die Leipziger Architekten Rudolf Skoda und Ulrich Quester entworfen. Es beherbergte Seminar- und Laborräume, Filmsaal, Mensa sowie Wohnräume.
Als Funktionsbau für Staat und Wirtschaft erhielt es „architekturbezogene Kunst“: Die damals jungen, unbekannten Künstler Rolf Kuhrt, Arno Rink, Frank Ruddigkeit und Klaus Schwabe gestalteten vier raumhohe Wandreliefs. Thematisch zeigten sie Kernelemente der Robotron-Arbeit, wie Kybernetik, Atomkraft und Raumfahrt. Die Werke wurden unter Denkmalschutz gestellt, wodurch sie beim Abriss des Gebäudes 2012 vorher gesichert wurden.
Seit 2021 nun erstreckt sich auf dem Gelände der sogenannte Säulenwald. Die SAB – Sächsische Aufbaubank – Förderbank hat ihren Hauptsitz im modernen Bürogebäude, während die Freiflächen öffentlich zugänglich sind. 159 Säulen erstrecken sich in dem weiß-gestrichenen Areal. Einige Pflanzinseln spiegeln das frühere Leben wider. Eine Wasserfläche im Forum, der sogenannte mirror pool, erinnert an den früheren Teich und sorgt für interessante Spiegelungen der Säulen und den darauf aufgesetzten Dächern, den Canopies.
Drei der vier Wandreliefs aus DDR-Zeiten wurden in den Bau integriert und sind so für die Öffentlichkeit zu besichtigen.
Quelle und mehr Informationen: https://www.sab.sachsen.de/die-sab/neubau-leipzig/index.jsp